HISTORISCHE BILDER
Ich versichere, dass die von mir gezeigten zeitgeschichtlichen und militärhistorischen Bilder aus der Zeit von 1900 bis 1945 nur zu Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungswidriger und verfassungsfeindlicher Bestrebungen, der wissenschaftlichen und kunsthistorischen Forschung, der Aufklärung oder Berichterstattung über die Vorgänge des Zeitgeschehens oder der militärhistorischen und uniformkundlichen Forschung im Sinne der §§ 86 und 86a StGB gezeigt werden.
BILDERNUTZUNG
Grundsätzlich kann ich keine Bild- oder Filmrechte an Dritte vergeben. Bilder, die aufgrund ihres Alters (70 Jahre und älter) gemeinfrei sind, sowie Bilder mit einer Creativ-Commons-Lizenz (gekennzeichnet mit CC- ...) dürfen verwendet werden. Alle weiteren Bild-, Film- und Textmaterialien dürfen nur mit meiner ausdrücklichen Genehmigung verwendet werden.
Als Carte de Visite (Visitenkarte oder Visitenkarton) bezeichnet man eine Fotografie, die auf einen Karton, meist im Visitenkartenformat, aufgezogen wurde. Ab etwa 1860 wurde die Carte de Visite sehr populär und trug wesentlich zur Verbreitung der Fotografie bei. Nach 1915 ist sie nur noch sehr selten anzutreffen. Diese Visitenkarten wurden in großer Zahl hergestellt, an Verwandte und Bekannte verschickt und in Alben gesammelt. Im Zusammenhang mit der Heilgymnastik sind sie sehr selten zu finden.
Kratzen und Schaben für mehr Durchblick
"Wer im Winter die Windschutzscheibe seines Autos vom Eis befreit, hat bessere Sicht"
Die Ringer der griechischen und römischen Antike rieben sich nicht nur aus ästhetischen Gründen mit Öl ein, sondern auch, um die Griffmöglichkeiten des Gegners zu erschweren. Um das schmierige Öl zu entfernen, benutzten sie den Strigilis - ein Instrument, das heute in Form und Funktion wieder „en vogue“ ist. Das erste Bild zeigt deutlich, wie dieses Instrument benutzt wurde. Der „Behälter“ stammt aus der Zeit um 460 v. Chr. und befindet sich heute in England. Das Bild in der Mitte habe ich selbst im Römisch-Germanischen Museum in Köln aufgenommen. Es zeigt ein schönes römisches Exemplar und die Raffinesse seiner Herstellung.
Mit einem Gerät wie auf dem dritten Bild führe ich selbst Behandlungen durch, die „Das Alte“ weiterführt. Das heißt, ich schabe und kratze und wende zusätzlich Wärme an. Mein Ziel ist es, eine größere Verschiebbarkeit der Gewebeschichten zu erreichen, indem ich langsam in alle Richtungen „schabe“. Durch die zusätzliche Wärme habe ich gleichzeitig eine Verbesserung der Elastizität, der Regeneration, der Tophik und das Lösen von „Verklebungen“ des Gewebes, dazu "schabe" ich in Richtung Körpermitte.
Also vom Gladiator das Instrument, vom Thailänder die Ruhe (sie benutzten ähnliche Instrumente, bevor Europa in die „Faszientechnik-Extase“ verfiel) - und heute das fröhliche Zusammenkommen.
Einfache Faszien-Technik
Text in Bearbeitung: Stand Juli 2018
WELT und EUROPA (Auszüge)
1800 Europa Anfang des 19. Jahrhunderts beginnt man sich zunehmend für die "medizinische Erforschung und Anwendung" der Massage zu interessieren.
Meine Meinung (16.06.2018): Mitte des 19. Jahrhundert beginnt ein regelrechter Disput zwischen den damaligen " Persönlichkeiten" auf dem Gebiet der Massagetherapie. Solche Streitigkeiten kenne ich aus der heutigen Zeit zur Genüge. Da treffen sich Physiotherapeuten und versuchen eine "einheitliche Sprache" in der Systematisierung einer Technik/Methode zu finden. Meist beharrt jeder auf seiner Definition, seinen Ausführungsarten und seinen Bezeichnungen. So muss es damals gewesen sein, es gab keine Systematisierung (schon gar nicht in der Lehre) und letztendlich wurde alles durch den Versuch nur noch komplizierter. Das kann man sehr gut nachvollziehen, wenn man versucht, die Literatur aus Frankreich, England, Schweden und Deutschland aus dieser Zeit zu vergleichen. Letztendlich gab es damals keine einheitliche Systematisierung und gibt es heute noch weniger.
Was hier vielleicht noch wichtig zu erwähnen ist: Die deutsche Heilgymnastik, glaube ich, trägt auch die DNA der "Französischen Massage" und ist nicht nur aus der "Schwedischen Heilgymnastik" entstanden. das kann ich aus der Literatur des 17. bis 19. Jahrhunderts entnehmen. Eigentlich würde ich alles dafür geben, eine solche Massagebehandlung des 19. Jahrhunderts in der Praxis zu sehen - es muss eine Mischung aus "Thai-Massage, Mobilisationstechniken, Weichteiltechniken und Atemtherapie" gewesen sein, rhythmisch, ruhig und fließend.
JOHANN GEORG MEZGER
Dr. Johann Georg Mezger (1839 Amsterdam - 1909 Paris), holländischer Arzt und Masseur. Mezger war der erste, der die Massage zu einer klar definierten therapeutischen Maßnahme (Über dieTechnik) entwickelte. Ich würde sogar so weit gehen, ihn als "Vater der europäischen Massage" zu bezeichnen, da er wie D. Hentschel (1921 Berlin - 2016) den Grundstein für eine rationale Massage gelegt hat. Seine Massage bestand aus den vier Griffen Effleurage, Friction, Petrissage sowie Tapotement. Mezger verwendete keine "Massagegeräte". Seine Patienten, die zum Teil aus der ganzen Welt zu ihm nach Amsterdam kamen, wurden nach der Massagebehandlung zusätzlich zu bestimmten Bewegungs- und Gehübungen angehalten. Wie Prof. Dr. med. Hans-Dieter Hentschel in seiner Arbeit verrät: Mezger fand aber auch das Interesse und schließlich den Beifall vieler namhafter Universitätsprofessoren (Th. Billroth, F. Esmarch, C. Gussennauer, C. Hütter). Sie luden ihn 1869/70 zu Demonstrationen seiner Massagemethode ein und veranlassten den Bonner Universitätschirurgen Karl von Mosengeil zu Tierversuchen und klinischen Untersuchungen. Diese ergaben wichtige Hinweise auf die Indikationen der Massage und gaben den Anstoß zu zahlreichen Forschungsarbeiten anderer Autoren.
MARTEN THURE EMIL BRANDT
ISIDOR ZABLUDOWSKI
Der erste "Hilfslappen" und die Kryotherapie
Friedrich von Esmarch (1823 - 1908) war ein sehr bedeutender Militärchirurg in Deutschland. Hier zeige ich eine seiner Erfindungen: ein Notfall"Dreieck", das seine Anwendung im Deutsch-Französischen Krieg fand. Es ermöglichte den Sanitätern/Soldaten eine schnelle Versorgung von Verwundeten.
Für die Geschichte der Physiotherapie sind jedoch seine Studien über die Anwendung von Eis (Kryotherapie) in der Rehabilitation und in der Chirurgie (Kryoanästhesie) von Bedeutung.
Die Verbindung zur heutigen Physiotherapie ist über August Bier, Johann Lubinus, Rudolf Klapp und andere Lichtgestalten der damaligen Physiotherapie, Heilgymnastik und Krankengymnastik gegeben.
Ich will das hier nicht weiter ausführen, weil sonst alle einschlafen.
Der Verlauf der Kryotherapie – Kurze Zusammenfassung
Tobias Langohr 2018
Die Sprossenwand, Turnwand oder Kletterwand hat ihren Ursprung im Tanz, in der Gymnastik und im Militär.
Auf diesem schönen Foto aus Wien, Österreich, das ich in die 1910er Jahre einordne, sieht man ein reines Männerturnen im Dianabad. Der historische/zeitliche Ursprung dieses Gerätes: keine Ahnung. Vom Dehnen bis zum Krafttraining kann man motorisch und kognitiv alles fördern - meine Patienten hängen bei Regen gerne ihre Kleider daran auf (was mich nicht stört).
Alle Patienten, die über 80 Jahre alt sind, kennen dieses Gerät, die jüngeren Generationen müssen sich erst an das Wort gewöhnen (auch das ein Zeichen für den Niedergang einer Bewegungskultur). Ich verwende die Sprossenwand hauptsächlich in der Skoliose- und Schulterbehandlung. Es ist ein tolles Gerät, aktueller denn je.
Der Einsatz des „Gymnastikstabes“ in der Physiotherapie ist heute nicht mehr sehr aufregend - da der „Stab“ nicht mehr wirklich richtig und kreativ eingesetzt wird - das haben die Physiotherapeuten den Sporttrainern (Gym, Fitness) in Form des „Mobility Stick“ leider überlassen.
Es lohnt sich, Bücher (Turnen, Gymnastik, Militärgymnastik, Tanz) aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert auszugraben und nach Übungen zu suchen. Vor allem für die Bewegungserweiterung der Wirbelsäule und des Schultergelenks erweist sich dieses „Gerät“ als eine sehr nützliche und anregende Säule in der Bewegungstherapie.
Ich zeige hier einen Ausschnitt aus einem FWU-Film, der 1966 als Lehrmaterial in Zusammenarbeit mit der Sporthochschule Köln unter der Leitung der Sportpädagogin Liselott Diem (1906 - 1992) und Renate Schlotzmethner entstanden ist. (Bitte nicht hinhören - Die Meinung ist aus DER Zeit).
Also, bitte den Stab zurück in die Physiotherapie bringen!
Diese "Bewegung" ist um 1850 entstanden - eigentlich aus einer leichten Kritik an der "wissenschaftlichen" schwedischen Heilgymnastik. Ziel dieser Bewegung war es, die Gymnastik wieder in die häuslichen vier Wände zurückzubringen. Dazu kaufte man sich ein Buch oder bestellte ein Abonnement (Briefe mit Anleitungen).
Widerstandsgymnastik mit Bändern ist eine alte Trainingsmethode, bei der die Muskeln unter anderem mit elastischen Bändern belastet werden. Um 1900 verbreitete sich die "Autogymnastik" in Deutschland.
Elastische Bänder gibt es erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts, da erst zu dieser Zeit die Industrialisierung des Kautschuks, seine Verarbeitung und sein Verkauf in Europa möglich wurden.
Heute gibt es diese Bänder in verschiedenen Varianten. Dem Düsseldorfer Masseur und Krankengymnasten Erich Deuser (1910 - 1993) ist es zu verdanken, dass die elastischen Bänder (Deuser-Bänder) in den 1970er Jahren wieder in Mode kamen. Erich Deuser ist einer der Begründer der deutschen Sportphysiotherapie.
Auch nach Deuser gab es Autoren, die sich intensiv mit dem Einsatz von elastischen Bändern beschäftigten: Frank Wechsel, der sein 2017 erschienenes Buch "Zugseiltraining" eher auf Schwimmer (Schwimmzugseil) ausgerichtet hat und Tom Flickes mit seinem 2020 erschienenen Buch "Zugband-Konzept".
Erich Deuser (1910 - 1993) gilt als einer der ganz Großen der Sportmassage und Sportphysiotherapie und begleitete sowohl die Fußballnationalmannschaft als auch die Olympiamannschaft. Zur gleichen Zeit wirkte nur in Südamerika ein ebenfalls sehr berühmter Sportmasseur namens Mário Américo (1912-1990) aus Brasilien, der verletzte Fußballer einfach auf der Schulter vom Platz trug.
Geboren und aufgewachsen in Düsseldorf, legte der gelernte Drogist im Alter von 21 Jahren sein Staatsexamen als Masseur an der Massageschule (Heinrich-Heine-Universität) mit der Note "sehr gut" ab.
Er eröffnete eine eigene Praxis für Physiotherapie in der Gruppelostraße.
Bekannt sind seine Deuser-Bänder, die er ursprünglich aus einem Fahrradschlauch zum Kraftaufbau verwendete. Dass er neben seiner Tätigkeit am Patienten und Sportler auch noch Autor zahlreicher Bücher war, passt zur Vita dieser Ausnahmepersönlichkeit, die als zuverlässig, streng und untadelig galt.
Elteh-System
Hier ist ein „System“, über das ich Fragen habe. Ich hoffe, jemand kann diese beantworten oder hat weitere Informationsmaterialien.
Daten:
1865 Die Medico-Mechanische-Therapie "Das Zandern"
Text in Bearbeitung Stand: März 2016
Neben den Fortschritten in der Chirurgie profitierten auch die konservative Orthopädie sowie die Orthopädietechnik erheblich. Gleichzeitig gewann die Heilgymnastik an Bedeutung, insbesondere die schwedische Heilgymnastik und die "medicomechanische Therapie nach Zander".
Die medicomechanische Therapie wurde von dem schwedischen Arzt und Heilgymnasten Jonas Gustaf Vilhelm Zander (1835 – 1920) entwickelt und etabliert. Diese Methode bildet die Grundlage der modernen apparategestützten Trainingstherapie.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert gründete G. Zander im Jahr 1865 sein erstes Zanderinstitut. Viele deutsche Ärzte reisten nach Schweden, um sich in dieser innovativen Behandlungsform ausbilden zu lassen, darunter J. H. Lubinus aus Kiel und W. Smitt aus Dresden.
Ab 1877 wurden die benötigten Apparate für diese Therapieform industriell hergestellt.
Manuelle heilgymnastische Übungen wurden auf Maschinen übertragen, um dosierte Muskelübungen zur Genesung von Organen, Muskeln oder Gelenken zu ermöglichen.
1893 gründete Dr. Arthur Bertling in Aachen eine "Medico-mechanische Zander Anstalt" mit 550m² Fläche und 73 Geräten. Behandelt wurden „Circulationskrankheiten, Atem-, Verdauungs- und Bewegungsstörungen, (Bleichsucht, Fettsucht) und nervöse Krankheiten“.
Für die Geschichte der Mechanotherapie ist das Buch von Dr. G. Gabriel aus dem Jahr 1926 empfehlenswert.
… „Die manuelle Gymnastik besitzt nun manche Schattenseiten, zu deren Beseitigung schon in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts Versuche angestellt wurden. Die beste Lösung gefunden zu haben, ist das große Verdienst des Schweden Dr. Gustav Zander; dass sie ihm gelang, lag an folgendem: Zunächst daran, dass er aus eigener Erfahrung die Mängel der manuellen Gymnastik eindrucksvoll erkannte, die gegeben sind in der Fehlbarkeit des Patienten und des Widerstandsgebers. Dann aber verstand er, die physiologischen und die physikalischen Gesetze des menschlichen Körpers genau beobachtend, einen maschinellen Ersatz für Widerstandsgeber zu schaffen, der diesen Gesetzen entsprechend gebaut war und ihrem Ablauf entsprechend arbeitet.“ …
Zander entwickelte ein System mit 76 Apparaten, die in vier Gruppen unterteilt waren: aktive Bewegungen, passive Bewegungen, Balancierbewegungen und orthopädische sowie Messapparate. Ein Beispiel ist der „Zanderapparat F2“, auch „Trabapparat“ genannt, der den Körper wie beim Reiten mit 180 Schwingungen pro Minute erschütterte, um die Verdauung anzuregen.
Mit der Einführung dieser Geräte in Europa und Nordamerika legte Zander wichtige Grundlagen für die moderne Physiotherapie und Sportmedizin.
In Freiburg gab es den Zandersaal der Orthopädischen Abteilung der Universität. Später wurden diese Geräte durch Kohlrauschs Krankengymnastikschülerinnen verdrängt. Ein weiteres Zander-Institut befand sich in Bad Nauheim.
Die medicomechanische Therapie erlebte ihre Blütezeit etwa von 1870 bis zum Ersten Weltkrieg.
Das Training an den Geräten, bekannt als Zandern, galt als anspruchsvoll und wurde in zahlreichen Kurorten angeboten. Dieses Training war kostenintensiv. Vor dem Ersten Weltkrieg wurden allein in Deutschland jährlich etwa 100.000 Patienten in 79 Zanderinstituten behandelt. Zusätzlich wurde eine wahrscheinlich deutlich größere Anzahl von Patienten in anderen medicomechanischen Instituten mit Geräten anderer Hersteller wie Herz aus Österreich, Krukenbergschen Apparaten sowie Hessing’schen Apparaten versorgt.
Der Erste Weltkrieg stellte mit 4,25 Millionen Verletzten neue Anforderungen an die Behandlungskonzepte. Zandergeräte wurden zunächst in der Trainingstherapie verwendet, es bestand jedoch ein steigender Bedarf an einfacheren Geräten. Kosten-Nutzen-Überlegungen traten in den Vordergrund, und es wurden vereinfachte Gerätesysteme unter dem Begriff „Kriegsmechanotherapie“ entwickelt.
Nach dem Ersten Weltkrieg nahm die Nachfrage nach Mechanotherapie-Geräten ab. Die Methode wurde allmählich verdrängt, da die Kosten hoch waren und die Erfolge nicht ausreichend dokumentiert wurden. Zudem entstanden neue Gymnastikkonzepte wie das Klappsches Kriechen sowie Veränderungen im Zeitgeist (Lebensreform, Freikörper-Kultur, ästhetische Gymnastik, Ausdruckstanz), an die sich die Mechanotherapie schwer anpassen konnte. Viele Geräteparcours wurden ins Ausland verkauft. Es gibt noch zwei Orte, an denen man bis heute funktionierende Zanderapparate besichtigen kann. In Essentuki (1902, Russland) und in POÇOS DE CALDAS (1920, Brasilien).
Um durch eine Melatoninausschüttung in den Tiefschlaf befördert zu werden, sollte man dafür sorgen, dass kein Licht in den Raum eindringt. Empirisch, aber auch instinktiv, weiß und braucht es jedes Säugetier. Die Fledermaus geht mit bestem Beispiel voran und klappt sich bei Tage die Flügel vors Gesicht.
Die therapeutische Anwendung des Lichts in Form der Heliotherapie ist (bestimmt) tausende von Jahren alt, dazu benötigt man kein Bildmaterial, das es ohnehin nicht gibt.
Ein klassisches Beispiel, welches mir als Kind besonders imponiert hat, sind die Wandreliefs des doch eher unbekannten „Ordens der Rose“. Auf diesen ist zu erkennen, wie ägyptische Götter sich von der Sonne „erleuchten“ lassen.
Heute legt sich jeder in die Sonne oder ins Solarium, wenn er sich „down“ fühlt, um sich schon kurz danach leichter und fröhlicher zu fühlen - moderne „Heilkraft des Lichtes“.
Homer lässt in seinem Werk wissen, dass schon in seiner Zeit die Wirkung des Sonnenlichtes bei der Behandlung von Rachitis bekannt war. Übersetzt heißt es: „…den krummbeinigen Kindern willkommen.“ Andere Autoren folgen, unter anderen Balzacs „Landarzt“, die Lichttherapie wird Bestandteil der Volksmedizin.
Das Licht bietet Schutz und Geborgenheit. Die Dunkelheit macht Angst und Unsicherheit. Im Mittelalter, das von vielen fälschlicherweise als „dunkles Zeitalter“ bezeichnet wird, hat man sich der Sonne nicht weniger gewidmet. Jedoch gewann die Astroheilkunde (Sternenlehre) mehr an Bedeutung in der Medizin.
Die Lichtkuren als Anwendung in der Behandlung von Atemwegserkrankungen finden in der Zeit zwischen 18.-19. Jahrhundert ihren Anfang.
Mit der Beherrschung von Elektrizität und der Erzeugung von künstlichem Licht entsteht die Fototherapie Ende des 19. Jahrhunderts. Die moderne Anwendung der Helio- und Lichttherapie in der Behandlung u.a. von Rachitis kommt Anfang des 20. Jahrhundert in Europa zur Entfaltung. Ein Hauptgrund dafür war die Industrialisierung und dessen Kinderarbeit.
Der Berliner Kinderarzt Kurt Huldschinski (1883-1940) beobachtete, wie der bereits schon zitierte Homer, die Kinder seiner Zeit (nach dem I. Weltkrieg). Es stellte sich für ihn ein sehr verstörendes Bild dar: Deformitäten der Wirbelsäule, Deformitäten der Beine und Arme sowie erweiterte untere Brustkörbe (klassische Zeichen einer schwerwiegenden Rachitis).
K. Huldschinski verwendete in seiner Lichtherapie Schweißerbrillen, die er den Kindern aufsetzte, um diese von Quarzquecksilberlampen („Höhensonnen“)[1] bestrahlen zu lassen. Alle zwei Tage wurde die Lichtdosis gesteigert (von 2 auf 20 Minuten). Dazu verabreichte Huldschinski Kalzium.
Zeuginnen (Bayern, Baden-Württemberg) berichten, dass Sie diese Form von Anwendung in den 50er und Anfang der 60er Jahren erhalten haben. Es wurde zusätzlich Lebertran verabreicht und man konnte sich noch an einem komischen Geruch erinnern.
Die Ergebnisse waren so beeindruckend, dass er diese publizierte. Die Krankenkassen waren davon überzeugt und ließen in ganz Deutschland „Licht-Badeanstalten“ bauen, die noch bis in die 1960er Jahre in Gebrauch blieben.
Die Zahl der geheilten Kinder durch diese Therapie ging in die Millionen. 1929 wurde K. Huldschinski für den Nobelpreis der Medizin nominiert. Als Jude musste er jedoch Deutschland verlassen und starb, von Europa vergessen, 1940 in Alexandria, Ägypten.
Die Lichttherapie heute in der Physiotherapie ist leider stark in Vergessenheit geraten, obwohl die Wirksamkeit dieser Methode schon öfters bewiesen wurde. Heute unterscheidet man zwischen der schmerzlinderten Ultrarot-/ Infrarottherapie[2] und der antibakteriellen Ultraviolettherapie[3].
Die Lufttherapie
Einer der ersten Autoren, der sich der Lufttherapie in Kombination mit der Heliotherapie widmete, war der Schweizer Färbereibesitzer Arnold Rikli (1823-1906). Rikli legte in den Jahren um 1865, mit teilweise seltsamen Prozeduren, den Grundstein für diese „Kur“- Anstalten.
Als ein bekennender Wasserkur-Fan begann er früh, sich für die Literatur der Wasserheilkunde zu interessieren. Diese wandte er testweise an seinen Angestellten an. Früh bemerkte Rikli die Ineffektivität der herkömmlichen Wasserheilkunde, die auf der Heilkraft von kaltem Wasser basierte und begann mit warmem Wasser zu therapieren. Er erfand unter anderem das bekannte „ Bettdampfbad “.
Später begann er mit Luftbädern zu experimentieren. Diese Behandlungsmethoden waren schon vorher bekannt. Einer der bekanntesten Anhänger war Benjamin Franklin (1706-1790).
Zualler erst ließ Rikli die abgeschlossene Sonnenbadanlage (Sonnenbadeanstalt, Cursonnenbad) aufbauen. Es waren Flächen, die von ca. zwei Meter hohen Holzwänden abgeschlossen waren, so dass nur die Sonne ihren Dienst am Körper leisten konnte.
Das Ganze war so ausgeklügelt, dass die Liegen immer leicht gesenkt richtung Süden ausgerichtet waren. So waren die Patienten in leichter Kleidung ca. 45 Minuten der Sonne ausgeliefert. Im Anschluss wurde ein ausgiebiges und abkühlendes Wasserbad genommen. Einige Jahre später schaffte Rikli die Wände ab und reduzierte die Zeit der Expositionen, da viele Patienten durch Überhitzung ohnmächtig wurden.
Diese Lehre von der „Thermodiätetik“ wurde dann mit dem hier folgenden Satz überspitzt begründet: „Jeder Temperaturwechsel, also wesentlich durch Sonnenlicht, Schatten, Wind, Regen, Nebel bedingt, provoziert eine elektrische Strömung in den peripheren Nerven (Innovation genannt), pflanzt sich auf das Nervenzentrum (Gehirnmasse) fort und wird von diesem ( ) mittels feiner Nervenfäden auf die drüsigen und innerhäutige schleim-Organe, sowie auf Gefäßsystem (Blut- und Lympf- Röhrennetz übertragen.“ Übersetzt nach Robert Jütte (1996) heißt es: …es ist ein einfaches Heilverfahren, das auf der Reizempfindlichkeit des menschlichen Körpers basiert.
Sein erster Naturheilkomplex war in Veldes (Bled) im heutigen Slowenien (damals Habsburger Territorium), wo es schnell zu einem Magnet für Kurgäste, Naturheilmediziner und Schaulustige wurde.
Warum die Menschen in dieser Epoche sich dieser doch seltsamen Naturexposition aussetzten mag ich nur vermuten:
- Das Stadtleben war nicht naturverbunden
- Raus aus den dicken Klamotten
- Wenig lichtdurchflutete Gebäude (Gassen)
Die Lehmtherapie - oder, „kehr zur Natur zurück“
Zuallerletzt galt es alle Naturelemente zu vereinigen. Der erste Versuch wurde von Adolf Just (1859 – 1936) und Freunde in der Naturheilanstalt „Jungborn“ im Harz durchgeführt. A. Just wird von Uwe Heyll (2006), als der „letzte naturheilkundliche und fromme Laientherapeut “ beschrieben.
Wie bei allen „Therapeuten“ bezieht sich die von Just betriebene Heilverfahrensforschung auf andere ältere Autoren u.a. Louis Kuhne (Reibesitzbad), Sebastian Kneipp, Vincenz Prießnitz, Johannes Schroth (Algäu Schroth), Arnold Rikli, Heinrich Lahmann. 1918 gründet Just eine Gesellschaft für den Vertrieb von Heilerde, sogenannter „Luvos“. So kam neben Luftbädern und Heliotherapie noch die Anwendung von Heilerde für die orale Einnahme und äußerliche Anwendung hinzu. Bekannt sind u.a. Umschläge, Wicklungen und Bäder. Als „Grunderde“ für diese Methode entschied sich A. Just für den Lehm.
Das „System“ Jungborn verlief anfangs noch sehr erfolgreich mit schätzungsweise 30.000 Besucher im Jahr. Ab den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts gerieten sie in Vergessenheit und man „kehrte den Rücken wieder der Natur zu! “. Der Zweite Weltkrieg gab der Familie Just den Rest! Durch die Sowjetbesatzung wurde die Firma enteignet. Kurze Zeit später wurden die Einrichtungen abgerissen.
Größter Anhänger der Heilerde-Therapie war der Pastor Emanuel Felke (1856-1926). Felke war sowohl von der Lehmkur als auch von der Augendiagnostik begeistert, die er bei der Naturheilanstalt Jungborn erlebt hatte. Der „Lehmpastor“ gründete den „Jungborn“ in Repelen, sowie in Diez an der Lahn. Jedes Jahr pilgerten Anhänger aus der ganzen Welt dorthin. Die Kur bestand aus: Gymnastik, Atemtherapie, Licht-, Luft-, Wasser- und Lehmbädern.
Rasch entwickelten sich mehrere Vereine rund um Krefeld, Essen und Duisburg. 1904 wurde bereits ein Dachverband (Verband der Felke-Vereine) mit ca. 21 Vereinen gegründet. Ab 1908 wurde die Felke-Methode als Ausbildungskurs angeboten. Ende der achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts gab es bereits über 50 Vereine im ganzen Bundesgebiet. Auch heute gibt es noch die „Ärztliche Arbeitsgemeinschaft für Felketherapie“
Das Zentrum der Felketherapie ist bis heute „Sobernheim“ mit fünf Anstalten. Diese Form der Anwendung ist größtenteils in Vergessenheit geraten.
[1] Unsichtbare Ultraviolettstrahlungen: Anwendung bei bakteriellen Erkrankungen, schlechte Wundheilung, bei Gicht fördert diese Therapie die Ausschwemmung der Harnsäure, Fistelgänge ( 310 bis 290 Millimikron)- Lampen, die dafür benützt worden sind: offene Bogen, Quecksilberdampfquarzlampe, Heldsche Bogenlampe.
[2] 800-1.400 Millimikron, Wirkung: Verbrennungen, Wärme, Erweiterung der Blutgefäße, Schmerzlinderung, Lampen: Aureol, Sollurlampe.
[3] 290-310 Millimikron, Wirkung: Antibakteriell, Ausschwämung der Harnsäure (Gicht). Lampen: Quecksilberdampfquarzlampen, Heldsche Bogenlampen, Offene Bogenlampen
Physiotherapie im Nationalsozialismus: Ein Erbe mit langen Schatten.
Text von Tobias Langohr, 2016
Auszüge
Zu diesen Bildern meine Herangehensweise:
1) Auf einem der Negative ist im Hintergrund ein Schiff zu sehen - ich habe mir Bilder von Lazarettschiffen angeschaut - es ist definitiv die Wilhelm Gustloff, ein Kreuzfahrtschiff der nationalsozialistischen Organisation Kraft durch Freude (KdF).
2) Der Entstehungszeitraum dieser Negative kann nun auf 1937 - 1945 datiert werden, eher noch auf 1939 - 1940, als dieses Schiff der Kriegsmarine als Lazarettschiff übergeben wurde, außerdem ist die Krankenschwester auf diesem Foto in Begleitung eines Wehrmachtssoldaten.
3) Die Dias müssen Teil eines Propagandamaterials sein, um mehr Krankenschwestern für das „System“ zu gewinnen. Die Dias tragen unten rechts eine kleine Nummer, was für das “Kodak“-Format der Zeit untypisch ist. Die Krankenschwester erscheint allwissend bei fast allen Handlungen, was in einer einjährigen Notausbildung nicht zu erlernen ist.
„Wenn du deine Lebensumstände nicht ändern kannst, musst du eben deine Einstellung zu deinen Lebensumständen ändern“.
Für die Geschichtsschreibung der Physiotherapie möchte ich eine Parallele zur Milchstraße ziehen, ab und zu findet man Planeten, an denen man sich gut orientieren kann oder Sternenkonstellationen, denen man wegen ihres aufregenden Aussehens einen Namen geben kann.
Die heutige deutsche Physiotherapie beruht historisch auf einer „Konstellationsbezeichnung“, nämlich die 48er Gruppe, die ich zum ersten Mal im Buch von Antje Hüter-Becker (1941-2016) gelesen habe. Auf diese Bezeichnung wird von späteren Autoren von Büchern, Monografien und Dissertationen bis heute noch eifrig hingewiesen. Ich mag bezweifeln, dass jemand heute überhaupt darüber was Genaueres weiß.
Es sind mehrere Gruppen mit dieser zweistelligen Nummer und Buchstaben in der Literatur bekannt, unter anderem die 48er Revolution und der Bund der 48er, der aus dem zweiten Kaiserreich stammt, und im Jahre 1919 unter anderem damit beschäftig war, Antisemitischen Flugblätter zur Wahl der Nationalversammlung herauszugeben. Es gibt aber auch noch die „48er Gruppe der Krankengymnastik“. Ich vermute, dass die Namensgeberin Antje Hütter-Becker selbst war.
Nun wollte ich mal erforschen, wer und was diese Gruppe eigentlich ist und welche Bedeutung diese überhaupt in der Geschichte der Physiotherapie wirklich hat. Und siehe da, es ist mehr, als ich erhofft habe – und vieles ist wirklich nicht schön.
Die „48er Gruppe“ gab es wirklich, bestehend aus mehreren Krankengymnastinnen aus dem damaligen Westdeutschland. Diese Damen haben sich 1948 in Heidelberg getroffen. Gründe für dieses Treffen waren unter anderem: Festlegung einer einheitlichen Ausbildungs- und Fortbildungsstruktur und Bildung der Landesverbände für Krankengymnastik.
Über die Personen, die sich in Heidelberg getroffen haben, ist literarisch wenig zu finden (Grafik Stand März 2016)
Ich möchte hier Christa Dültgen als Referenz nehmen. Wieso diese? Weil es die einzige ist, von der ich Zeitzeugen auffinden konnte und so aus erster Quelle Informationen erhalten habe. Somit muss ich nicht auf falsche und verschönerte schriftliche Auslegungen zurückgreifen.
Nun, woher kannten sich diese Personen? Keine Ahnung. Ich vermute, dass die meisten sich von Ausbildungsinstitutionen, Parteien, Vereinen, Schulen und Arbeitskreisen kannten. Was aus dieser Gruppe geworden ist? Ob es Protokolle der Sitzungen gab? Wo sind diese? Keine Ahnung, muss nachgeforscht werden. Jedoch bin ich bei einer doch sehr interessanten Persönlichkeit hängengeblieben und darüber möchte ich hier etwas preisgeben.
1. Epoche: Deutsches Kaiserreich und Weimarer Republik
Eine Hauptakteurin dieser Gruppe war, wie schon erwähnt, Christa Dültgen. Sie ist am 10. Dezember 1909 im Niederrheinischen Wesel geboren, nahe der Niederländischen Grenze. Die Stadt Wesel war in der Zeit des Weltkrieges militärischer Sammelpunkt für die Westfront und danach bis 1926 geprägt durch die Rheinlandbesetzung der Alliierten, da war Christa Dültgen gerade mal 17 Jahre alt.
Nach Beendigung ihrer Ausbildung zur Kindergärtnerin richtete sie im elterlichen Haus (Die Eltern haben sich früh scheiden lassen) einen privaten Kindergarten ein. 1930, mit 21 Jahren, begann sie in Kiel an der berühmten Schule Dr. Lubinus (heute: Johann Hermann Lubinus Schule) die zweijährige „Dualausbildung“ zur Turnlehrerin und Krankengymnastik.
Von 1932 bis 1937 arbeitete sie in Kindergärten und Sportvereinen.
2. Epoche: Drittes Reich
Ab 1937 und während des 2. Weltkrieges arbeitet C. Dültgen als leitende Krankengymnastin in den Rotkreuz Heilanstalten Hohenlychen (SSA-Lazarett), sie war im Besitz einer Rotkreuz-Mitgliedschaft.
Diese Heilstädte waren wegen ihres Chefarztes Karl Franz Gebhardt (1897-1948) zu Recht in Verruf geraten. Gebhardt, der ebenso Leiter des medizinischen Instituts der Reichsakademie für Leibesübungen (RAL) und Professor für Sportmedizin an der Universität in Berlin war, wurde wegen seiner Menschenversuche (Knochen- und Sulfonamidversuche) in den Heilanstalten Hohenlychen und Ravensbrück , im Nürnberger Prozess am Weihnachten 1948 durch Erhängen zum Tode verurteilt.
Gebhardt Frau, Marianne Hess (1911 - ?) war eine sehr enge Freundin von C. Dültgen. Meine Vermutung ist, dass C. Dültgen ein doch sehr bekennendes Verhältnis zu den NS-Eliten und deren Ideologie hatte. Begründung: Hohenlychen war ein bekannter Treffpunkt für die Elite der NS-Führung, hier waren des Öfteren Hitler, Himmler, Göring und Albert Speer anzutreffen. Desweiteren war C. Dültgen Mitglied der NSDAP seit 1932 (also sehr früh) und Mitglied der NS-Frauenschaft seit 1933.
Bekannt ist auch der enge Kontakt zur Familie von Albert Speer, C. Dültgen fuhr öfters als Freundin und in ihrer Funktion als Krankengymnastin mit nach Obersalzberg (Berchtesgaden) wo A. Speers Familie (Mutter und Kinder) lebten. Die Notwendigkeit der Betreuung möchte ich auch nicht bezweifeln. Albert Speer wurde im Januar 1944 mit einer fiebrigen Entzündung im Knie in das SS-Klinikum Hohenlychen eingeliefert. Von hier aus führte der Reichsminister für Bewaffnung und Munition monatelang seine Amtsgeschäfte in Berlin weiter.
Speer verließ am 17. März 1944 kranker als zuvor und genervt „endlich diese bedrückende Stätte“. Nach sechs Wochen Nachkur auf Burg Goyen auf einer Anhöhe über Meran und einigen Tagen der Erholung mit seiner Familie war Speer am 8. Mai 1944 wieder im Dienst.
C. Dültgen war in dieser Zeit eine wohl überzeugte Anhängerin der damaligen Ideologie. Später hat sie sich jedenfalls gegenüber den Zeitzeugen deutlich davon distanziert. Soweit die Zeitzeugen beurteilen können, aus ehrlicher Überzeugung.
Vom 16. bis 17. April 1945 wurde ein Lazarettzug zur Evakuierung von ca. 1.000 noch anwesenden Menschen (Personal der Heilstätte und Verwundete) bereitgestellt. Dieser Zug erreichte Flensburg ohne weitere Probleme. Wahrscheinlich ist C. Dültgen dann von hieraus zu Verwandten nach Hamburg weitergereist.
Ich möchte hier keine persönliche Meinung abgeben, sondern darstellen, dass dieses dunkle Kapitel auch von und mit Physiotherapeuten vertreten worden ist, leider haben sich sehr wenige darüber geäußert, diese Aufarbeitung steht noch am Punkt null. Ich möchte hier auch erwähnen, dass ich mit dieser Arbeit zum ersten Mal einen klaren direkten Beweis der Existenz einer Krankengymnastik in den Jahren 1936 -1945 erhalten habe.
3 Epoche: Deutsche Republik
Nach dem Sturm des 2. Weltkrieges fand C. Dültgen eine Anstellung als Krankengymnastin an der Orthopädischen Universitätsklinik in Hamburg-Eppendorf, wohlbemerkt war sie die erste Krankengymnastin des UKE, die in der Orthopädischen Universitätsklinik eingestellt worden war. Schon ein paar Monate später, wurde sie aufgrund ihrer auffallenden organisatorischen Kompetenz „Technische Leiterin“ (1947-1960) an der am 28.05.1947 neu gegründeten „Lehranstalt für Krankengymnastinnen“, wo sie auch bis zu ihrer Pensionierung am 30.04.1971 tätig war.
Ihre Präsenz und Ausstrahlungskraft war mit 1,80cm sportlicher Größe kombiniert mit ihrer markanten tiefen Stimme (aufgrund einer Kehlkopfentzündung im Kindsalter) sehr beeindruckend. Ihre fachlichen und persönlichen Stärken in der Unfallchirurgie, Orthopädie (Skoliose Therapie) und Versehrtensport waren ihre Stärken und geben ein Spiegelbild der Hohenlychenzeit wieder.
In der Lehre fanden sich so manche Eigenschaften aus alten Zeiten wieder, sie war eine strenge Lehrerin, selbstbewusst und immer zielorientiert. Damalige Schüler können sich noch an das „Dültgenisieren“ erinnern. Dieses war eine Kombination aus Lockerungsmassage und leichten schaukelnden Bewegungen.
Christa Dültgen hat nie geheiratet. Sie hat Ihren Beruf als Lebensinhalt verstanden. Darin ist sie absolut aufgegangen. Sie gab noch sehr lange Fortbildungen und hat somit einer breiten Masse von Krankengymnasten ihr Wissen vermittelt.
Die Entwicklung dieses Berufes war für sie sehr wichtig und ihre Partizipation essentiell, an neuen Erkenntnissen war sie immer interessiert.
Bis ins hohe Alter war ihre Verbindung zum alten Personenkreis sowie zu ehemaligen Schülern und Kollegen immer aufrechterhalten geblieben.
C. Dültgen war sich ihrer Person als Therapeutin sehr wohl bewusst. Den Zeitzeugen teilte sie mit, dass sie nicht ganz unmaßgeblich daran beteiligt war, aus dem Beruf der „Heilgymnastin“ den anerkannten Beruf der Krankengymnastin bzw. viel später der Physiotherapeutin entwickelt und diese Entwicklung maßgeblich befördert zu haben.
Gisela Russel, Technische Leiterin der Schule von 1964 bis1979, anlässlich des 70. Geburtstags von C. Dültgen schrieb in Ihrer Laudatio:
„Uns sind nur wenige Krankengymnastinnen aus der Entwicklung unseres Berufsstandes bekannt, die in gleichem Maße fachliche Kompetenz und persönliche Ausstrahlungskraft-Prägungskraft-besitzen. Die große Begabung als Behandlerin stand stets überzeugend neben ihren ungewöhnlichen pädagogischen Fähigkeiten.“
Nach ihrer Pensionierung siedelte sie wieder in ihre Heimatstadt Wesel über, die jetzt etwas ruhiger geworden ist. Dort lebte sie zunächst in einer eigenen Wohnung, später im evangelischen Altenheim, wo sie sehr aktiv physiotherapeutische Seniorengruppen leitete und initiierte, im Heimbeirat war, Lesegruppen gründete und leitete.
Sie erkrankte an chronischem Rheumatismus, infolge der sog. „Goldspritzen“ wurde sie schlussendlich blind und erkrankte auch noch an Brustkrebs. Dann bekam sie auch noch Morbus Parkinson, als ob das alles noch nicht genügte. Am Schluss saß sie im Rollstuhl.
Als sie komplett blind war, hat sie sich noch auf Hörbücher der Blindenbibliohek (Marburg) eingelassen und erwähnt, dass sie noch nie in ihrem Leben so viele Bücher „gelesen“ (gehört) habe. Im ev. Altenheim gründete und leitete sie dann auch noch einen Literaturkreis.
Abschließend:
Ich hoffe, dass ich mit dieser kurzen Biografie einen der doch so wichtigen „48er“-Sterne der deutschen Physiotherapie wieder zum "Erhellen" bringen konnte. Ich würde mich freuen, wenn sich Historiker oder Physiotherapeuten dieser Thematik annehmen würden, um die vielen Lücken zu schließen und die Identität dieses Berufs endlich ein nachvollziehbares Gesamtbild zu geben, damit die Identität der heutigen Physiotherapie gefestigt werden kann.
Gleichzeitig möchte ich auch darauf hinweisen, dass Physiotherapeuten im Dritten Reich aktiv an menschenverachtenden Maßnahmen beteiligt waren. In einem weiteren Text habe ich die Biografien von Physiotherapeuten erarbeitet, die als Opfer und Helden in Betracht gezogen werden müssten.
Für jede weitere Information bin ich sehr dankbar.
Einen besonderen Dank möchte ich den Zeitzeugen ausdrücken, für die Telefonate, für den Schriftverkehr und das noch vorhandene Material.
Heute (2017) kennen Schüler, Studierende und junge Physiotherapeuten das „Klapp´sche Kriechverfahren“ kaum. Ältere Therapeuten erinnern sich daran, weil es bis etwa 1990 (Essen/Ruhr) im Unterricht gelehrt wurde. Viele Krankengymnasten und Sportlehrer reagieren darauf jedoch eher mit Unverständnis. Warum?
Mein Hauptziel ist es, das Klapp'sche Kriechverfahren zu verstehen. Wer hat es entwickelt und ist es weiterentwickelbar? Wurde diese Technik zu früh aufgegeben oder wie 1986 in Marburg symbolisch beerdigt?
Über Rudolf Klapp und seine „Kriechkur“ gibt es nicht viel Neues zu sagen. Eine ausführliche Biografie von Evelyne Blau (2007) sowie das Werk von Annette Stratmann sind empfehlenswert. Seine wissenschaftlichen Werke sind im Internet kostenlos erhältlich. Susanne Hirsch belebte Klapps „Kriechen heute“ 2007 wieder. Die limitierte Papierauflage ist jedoch teuer und kostet im Internet zwischen 190-200 €.
Rudolf Klapp wird am 16. Februar 1873 in Arolsen/Waldeck (Hessen) als jüngstes von insgesamt zwölf Kindern geboren. Sein Vater Bernhard Klapp (1819–1881) war Steuerrat, und seine Mutter Bertha Scipio kümmerte sich um die Kinder, auch nach dem frühen Tod ihres Mannes, sehr gut.
Rudolf Klapp war ein musikbegeisterter Anhänger (sehr gute musikalische Ausbildung) strenger militärischer Auftritte, was sein Organisationstalent und seine strukturierte Arbeitsweise prägte.
Das Klapp'sche Kriechverfahren ähnelt eher einem militärischen Drill als einer geselligen Wandergruppe. Dieser strenge Ansatz findet sich in vielen orthopädischen Gymnastikformen, wie den Massenturnveranstaltungen des frühen 20. Jahrhunderts, wider. Damals war dieser Drill normal. Heute könnte diese Disziplin vielen Menschen in Deutschland nicht schaden. Therapeuten berichten noch immer von dem strengen Ton in der Lehre dieses Verfahrens.
Das Kriechverfahren wurde ursprünglich vor allem in Schulen im Sportunterricht von speziell ausgebildeten Lehrerinnen angewendet. Heilzwecke wurden nur unter fachärztlicher Aufsicht durchgeführt. Bei meiner Recherche entdeckte ich die Bedeutung des "Klapp'schen Kriechens" im Sportunterricht. Bis 1966 wurde es an der Sporthochschule Köln im Fach Körperbildende Übungen noch gelehrt.
1889 starb Rudolfs Bruder Bernhard Klapp im Alter von 26 Jahren an Tuberkulose. Bernhard litt als Kind unter einer schweren Rückenerkrankung, deren genaue Art nicht bekannt ist. Diese Erfahrung prägte Rudolf Klapp möglicherweise in der Entscheidung, Arzt statt Jurist wie sein Vater zu werden. Er konzentrierte sich in seiner Karriere auf Rückenprobleme und entwickelte die „Kriechkur“.
Rudolf Klapp vertiefte seine medizinische Ausbildung durch häufige Umzüge, möglicherweise aus sozialen Gründen. Ihn begleiteten stets die gleichen Personen. Das "Klapp'sche Kriechverfahren" ist eine gruppendynamische Übung, bei der die Teilnehmer über einen Zeitraum von drei Monaten zusammenbleiben sollten.
1895 absolvierte Rudolf Klapp in Würzburg das Physikum in Medizin. Danach studierte er ein Semester in München und legte 1898 in Kiel sein Staatsexamen ab.
GREIFSWÄLDER STATION (1.4.1899 – 1905)
Rudolf Klapp habilitierte an der Universität Greifswald bei August Bier (1861-1949), den er bereits aus Kiel kannte. August Bier war ein bedeutender deutscher Arzt und ist auch für die heutige Physiotherapie von historischer Bedeutung.
Bier wurde durch seine ganzheitliche medizinische Sichtweise und philosophischen Gedanken über die Seele bekannt. 1929 ersetzte Prof. Ferdinand Sauerbruch in Berlin mit seinen modernen medizinischen Ansichten Bier. Die beiden Mediziner waren unterschiedlich, aber schätzten einander sehr. Ein bekannter Satz unter Studenten lautete: „Wenn du etwas lernen willst, geh zu Bier. Wenn du etwas erleben willst, geh zu Sauerbruch!“ Rudolf Klapp unterstützte eher Bier. Bier spielte auch eine wichtige Rolle in der Physiotherapie und ist Hauptperson in einem anderen Artikel über Thermotherapie.
BONNER STATION (ab 1905)
Rudolf Klapp zog mit seinem Lehrer Bier nach Bonn. Hier wurde er Honorarprofessor an der Universität und konzentrierte sich mehr auf Orthopädie, da viele Patienten mit Rücken- und Haltungsschwächen behandelt werden mussten. Dies beweisen zahlreiche Schriften von Klapp zur Rückenverkrümmung und deren Behandlung.
Rudolf Klapp entwickelte das „Klapp'sche Kriechverfahren“, nachdem er feststellte, dass Zweibeiner häufiger an Wirbelsäulenschäden litten als Vierbeiner. Er beobachtete, dass die Streckbewegungen seiner Hunde zur Mobilisation der Brustwirbelsäule, Dehnung der Brustmuskeln und Rotationsmobilisation führten.
Rudolf Klapp entschied sich aus Überzeugung, von der Schwedischen Heilgymnastik und der maschinellen Gymnastik abzurücken, da er erkannte, dass Tiere größere und weiterreichende Bewegungen ausführten. Diese umfangreichen Bewegungsradien tragen zur Mobilisierung und Erholung bei. Eine ähnliche starke Gegenbewegung zu jener Zeit war der Ausdruckstanz. Gedanklich folgt Klapp eher der Ideologie von Dr. Schreber (1808-).
Historisch gesehen wurden bei der Beobachtung von Tieren durch Klapp immer wieder mehr Vier- und Zweibeiner hinzugefügt, darunter Hühner, schleichende Katzen und laufende Eidechsen. Dies liegt jedoch daran, dass Rudolf Klapp nicht der Erste war, der das Kriechen als Therapiemethode erfunden hat, sondern dass es viele Vorgänger gab, darunter Moscati, Fischer, Nieny, Delpeche und Spitzy.
Rudolf Klapp war ein Pionier in der Behandlung von Wirbelsäulendeformitäten durch Bewegung, weg von Korsetts und Stützapparaten. Er gilt als Vater der aktiven Rückenmobilisation, die ursprünglich aus dem Vierfüßlerstand begann. Später entwickelten sich daraus andere Therapieformen wie die Schroth-Therapie, PNF, FBL sowie das therapeutische Klettern und der Fitnesstrend „Crawling“ aus den USA.
Neid und Getratsche waren damals wie heute präsent. Zeitgenossen kritisierten das „Klapp´sche Kriechverfahren“ als unzureichend erforscht, sowohl methodisch als auch wissenschaftlich. Rund um 1910 äußerten sich unter anderem August Blencke, Nieny, Chlumsky, Vulpius, Axel Tagesson-Möller, Wilhelm Schulthess, Georg Müller und Katharina Schroth negativ zu Rudolfs Klapp Techniken, um ihre eigenen Konzepte und Geräte zu fördern. Ein Wettbewerb entbrannte, um die beste Gymnastik gegen Rückratverkrümmungen zu finden und kommerziell zu vermarkten.
Rückenwind und Anerkennung erhielt Rudolf Klapp unter anderem von Ferdinand August Schmidt, Hoffa, Lovett, Hans Spitzy (1872-1956) und Dr. J. H. Lubinus, dem Vater der deutschen Physiotherapie. Johann Lubinus begnügte sich nicht nur mit einer Empfehlung, sondern beschrieb und illustrierte durch Fotografien in dem nach allgemeinen Auffassungen maßgeblichen Lehrbuch für Physiotherapie „Lehrbuch der Medizinischen Gymnastik“ sämtliche Kriechübungen, die seiner Ansicht nach als geeignete Mobilisierung bei einer skoliotischen Wirbelsäule dienen. Lubinus betonte auch frühzeitig, dass die Kombination aller therapeutischen und gymnastischen Ansätze für den Patienten am besten sei, was er als „Suppentopfbehandlungskatalog“ bezeichnete.
1921 veröffentlichte Med. Rat Prof. Müller von der Preußischen Hochschule für Leibesübungen eine wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel: Untersuchungen über den Einfluss der schwedischen Spannbeuge und der klappschen Tiefkriechstellung auf die Wirbelsäule. Darin analysierte er das Kriechverfahren gründlich.
Erst im Jahr 1937 kamen andere Experten auf die Idee, Techniken wie die mechanische Gymnastik, die orthopädische Heilgymnastik und das Klappsche Kriechverfahren zu kombinieren.
Man kann sagen, dass viele Ärzte aus dieser Zeit persönliche, familiäre und akademische Verbindungen zueinander hatten. Der Austausch war intensiv und vergleichbar mit der heutigen Zeit, obwohl ein Korrespondenzbrief damals ausführlicher war als zahlreiche moderne Nachrichten.
BERLINER STATION (ab 1907)
Rudolf Klapp war außerordentlicher Professor und leitete die Chirurgische Universitätspoliklinik in Berlin. Dort entwickelte er seine „Kriechmethode“ und sammelte praktische Erfahrungen an seiner Krankengymnastikschule. Ab 1907 führte sein Assistent Dr. Johannes Fränkel die Schule, gefolgt von Fräulein Wiebe, Fräulein Normann und ab 1914 Fräulein Gertrud Schulz.
Dr. Johannes Fränkel spielte eine entscheidende Rolle bei der wissenschaftlichen Interpretation des Klapp’schen Kriechverfahrens. Er erweiterte die Forschung von Rudolf Klapp durch fotografische und röntgologische Aufnahmen, deren Existenz unumstritten ist, obwohl sie bislang nicht auffindbar sind.
Bereits 1910 begann Rudolf Klapp, das nach ihm benannte „Kriechverfahren“ zur Behandlung von Skoliosen und Haltungsschäden weiter zu entwickeln. Anfang des 20. Jahrhunderts war die Anzahl der an Tuberkulose (Wirbeltuberkulose) erkrankten Menschen hoch. Durch diese Behandlungsform, frei von Apparaten, konnte vielen Patienten geholfen werden. Etwa 1920 kamen viele an Poliomyelitis Erkrankte hinzu. Die Vereinigten Staaten von Amerika importierten zahlreiche Behandlungsmöglichkeiten und Fachkräfte aus Europa. Dadurch wurden die Amerikaner auf das Klappsche Kriechverfahren und die Schroth-Therapie aufmerksam. Diese Techniken bildeten unter anderem die Grundlagen für das PNF.
Im Jahr 1914 übernahm Marianne Arnold ab dem 1. Januar das orthopädische Turnen. Rudolf Klapp beschrieb in diesem Jahr erstmalig die Behandlung von Knochenbrüchen durch Extension mittels flexiblem Draht, bekannt als Drahtextension, eine Technik zur Verhinderung verkürzter Gliedmaßen.
1919 gründete er die Schule für Heilgymnastik in Berlin.
1925 starb unerwartet Dr. Johannes Fränkel, ehemaliger Schüler und Assistent von Rudolf Klapp. Dr. Lüttkens übernahm die Abteilung, später gefolgt von Dr. Heinz Beck. In dieser Zeit wurden in Berlin unter ärztlicher Aufsicht private Kurse für Patienten mit Rumpfschwäche und Skoliose angeboten.
Ab 1926 wurden Heime gegründet, in denen junge Patienten auf allen Vieren ihre Tagesaktivitäten durchführten. Unterricht und Mahlzeiten fanden im Liegen statt.
Das erste Heim wurde 1926 in Potsdam gegründet, musste jedoch bald schließen, da es finanziell ruiniert war. Aufmerksamkeit erregte die Einrichtung durch den Vorfall, bei dem alle Bewohner auf allen Vieren zur nächsten Badeanstalt krabbeln mussten. Leider konnte ich zu diesem Heim bisher keine weiteren Informationen finden (St. Joseph Krankenhaus – Alexianer?).
Haus Birkenhof
„Kinderkrüppelheim, vorzugsweise für Skoliosen und leichte Lähmungsfälle“ (80 Jahre Ev. Johannesstift 1858-1938)
„Heim für Kinder mit Rückgratverkrümmungen und Rumpfschwächlinge“ 1928 „Heilen und Helfen“ Helmut Schreiner Von der Arbeit des Johannesstiftes Berlin-Spandau im Jahre 1928
1927 wurde auf dem Gelände des Evangelischen Johannesstifts in Spandau das „Haus Birkenhof“, heute Ernst-Barlach-Haus, gegründet. Es stand unter Leitung von Dora Troost (1903 – 2007) und später Frieda Frühling geb. Brüggemann (1901-?) und bestand bis Kriegsende.
Dora Troost verstarb im Alter von 104 Jahren und lebte zuletzt im Wohnstift Augustinum in Überlingen. Sie war Säuglingsschwester, Krankenschwester, ausgebildet im orthopädischen Turnen und Fürsorgerin seit 1931.
Dank des Archivs des Johannesstifts unter der Leitung von Herrn Bräutigam sind viele Dokumente über das Haus, seine Bewohner und „Tante Fiet“ (Frieda Brüggemann Buttogehalt 1.6.1930 94,45RM Urlaub 4 Wochen) erhalten geblieben. Ich habe das Archiv am 12.06.2017 besucht und konnte alle Jahresberichte einsehen, die sauber dokumentiert und voller Details sind. Die Dokumentation reicht von der Gründung 1927 bis zur Evakuierung 1945 und ist vollständig erhalten.
Kurz zur Evakuierung: Geistig und körperlich behinderte Kinder zogen unter der Leitung von Frau Frühling (Frieda Brüggemann) in einer nicht ungefährlichen Reise nach Gruben und Rastede bei Oldenburg.
Der rege Briefwechsel zwischen Frau Frühling und dem Johannesstift mit vielen persönlichen Einblicken und Details zeugt von einer sehr vertrauensvollen Zusammenarbeit und ist gleichzeitig Zeugnis einer absolut großartigen Heilgymnastin dieser Zeit. Ich habe bisher noch keinen „Physio-Nachlass“ aus dieser Zeit (1933-1945) in dieser Vollständigkeit einsehen können. Es ist absolut faszinierend, wenn man sich parallel dazu die Biographie von Christa Dültgen anschaut. Damit ist die Heilgymnastik/Krankengymnastik in der NS-Zeit bestätigt und belegt.
Das Haus Birkenhof ist Teil einer sehr schönen Wohn- und Arbeitsanlage für behinderte Menschen mit Assistenzbedarf. Das evangelische Johannesstift ist eine der ältesten diakonischen Einrichtungen Berlins. Die Stiftung wurde 1858 mit dem Auftrag gegründet, Armen, Kranken, Gefangenen und Kindern zu helfen. Hauptsitz der Stiftung ist seit 1910 das 75 Hektar große Stiftungsgelände in Berlin-Spandau. Auf dem Gelände befinden sich 60 Gebäude, in denen heute rund 1600 Menschen mit und ohne Hilfebedarf leben. Das Haus Birkenhof stand Anfang des 20. Jahrhunderts auf der Liste der „Orthopädischen Erholungsheime“ der Stadt Berlin. Im Haus Birkenhof wurden Kinder mit orthopädischen und neurologischen Erkrankungen behandelt. Rudolf Klapp schloss mit dem Stift einen Vertrag (ca. 1926), der noch erhalten ist.
Der größte Teil der Kinder kam jedoch als „Selbstzahler“. Finanziell war das kein großes Geschäft, aber das Johannisstift hielt an Klapp und seiner Behandlungsform fest, wahrscheinlich wegen der Wirksamkeit dieser Behandlungsform. Das änderte sich mit dem Wechsel des Stiftsvorstehers 1946, der mit dieser Methode nicht einverstanden war.
Wenn man sich das Gebäude und die Bilder ansieht, kann man erkennen, dass das Kriechen nach Klapp tatsächlich stattgefunden hat. Die Kinder sind, wie auf einem Bild zu sehen, die Treppe hinauf- und hinuntergekrabbelt, in der „Turnhalle“ wurden Kriechübungen in Kreis- und Reihenformation durchgeführt, das Klappsche Kriechen wurde sogar in der damaligen Stiftsbroschüre propagiert.
Genauere Beschreibungen des Klapp'schen Kriechverfahrens selbst sind leider nicht überliefert, können aber aus den Arbeiten der Heilgymnastinnen entnommen werden.
Mit der Evakuierung der 22-24 Kinder in das Naemi-Wilke-Stift in Guben und Raststede 1945 als Vorsichtsmaßnahme vor dem Einmarsch der Sowjets begann das Ende des "Klapp'schen Kriechens" in Spandau. Der Wunsch, den normalen Betrieb im „Haus Birkenhof“ wieder aufzunehmen, konnte nicht erfüllt werden. Dafür gab es viele Gründe: die Ablehnung des Klapp'schen Kriechens durch den neuen Stiftsvorsteher und den Anstaltsarzt, finanzielle Gründe, die Gründung eines Krankenhauses mit einer eigenen orthopädischen Abteilung und die Tatsache, dass Frau Frühling nicht mehr ins Stift zurückgekehrt wäre, da sie geheiratet hatte und Rastede nicht mehr verlassen wollte.
MARBURGER STATION (ab 1928)
Rudolf Klapp erhielt einen Lehrstuhl an der Universität Marburg und war 1933 bis 1936 der Dekan der Medizinischen Fakultät. Mit der Mithilfe von Annemarie Korth baute er eine neue Gymnastikschule auf.
In der ersten Phase erwarb sich Klapp in Bedeutende Verdienste in der Heilgymnastik. Er gründete eine bis heute bestehende Schule zur Ausbildung von Physiotherapeuten.
In der zweiten Phase, der „braunen Phase“, meldete sich Rudolf Klapp 1933 als Förderndes Mitglied der SS, Mitglied des NS-Ärztebundes und des NS-Lehrerbundes. Im November 1933 unterzeichnete er das Bekenntnis der Professoren an den deutschen Universitäten und Hochschulen zu Adolf Hitler. Meiner Ansicht nach nutze Rudolf Klapp dieses aus, um in kürzerer Zeit eine höhere Positionen zu bekommen.
Unter dem Ton „Alle Kraft dem Rumpfe“, fand Rudolf Klapp mit seinem Kriechverfahren (Die Vierfüßlerhaltung als Grundlage für Rumpfübungen“ bei den XI. Olympischen Spielen 1936 in Berlin Anerkennung. Die praktische Demonstration des Klapp´schen Kriechverfahrens (Mobilisieren-Stabilisiern) fand auf dem „Kongress für körperliche Erziehung“ im Rahmen des Internationalen Sportstudenten-Lagers statt. (Prof. Klapp. Die Vierfüßlerhaltung als Grundlage für Rumpfübungen. Kongress für Körperliche Erziehung vom 24. Juli bis zum 31.juli 1936 anlässlich der XI. Olympische Spiele in Berlin, Brandenburgische Buchdruckerei und Verlagsanstalt G.m.b.H, Berlin-Schöneberg).
Diese Marburger Klappschule wurde 1944 verstaatlicht und dem jeweiligen Direktor der Chirurgischen Universitätsklinik Marburg unterstellt. Die Weiterführung des praktischen Unterrichts im Fach „Klappsche Kriechen“ übernahm Ella Bierdeck, die später zusammen mit Ingeborg Heß die Ausrichtung der Übungen im Sinne des alten Chefs überwachte. In Marburg war das Klapp'sche Kriechen bis 1986 als eigenes Fach mit Abschlussprüfung im Lehrplan vorgeschrieben. Die Tradition wurde an dieser Schule bis zur Pensionierung der dafür ausgebildeten und verantwortlichen Fachlehrerin Lore Müller aufrechterhalten.
1944 wurde Rudolf Klapp in Marburg emeritiert. Ab dieser Zeit konnte er sich nicht mehr mit seiner Methode beschäftigen. Es standen zunächst die Versorgung der Verwundeten des Krieges im Vordergrund und die Beseitigung der vielen Kriegsschäden an seiner Klinik.
Rudolf Klapp starb im Februar 1949, wenige Tage vor seinem alten Lehrer und Waldecker Landsmann August Bier, mit dem ihn eine Freundschaft verband, wie man sie selten zwischen Lehrer und Schüler so wieder zu sehen bekam.
Nach dem Zweiten Weltkrieg habilitierte sich sein Sohn Bernhard Klapp, ein Patenkind Biers, ebenfalls als Chirurg in Marburg und setzte das Werk seines Vaters fort. Er veröffentlichte zusammen mit Ella Bierdeck und Ingeborg Hess ein Lehrbuch über die "Klapp'sche Kriechmethode". Bernhard Klapp versuchte weiterhin, das Klapp'sche Kriechen in Europa bekannt zu machen. Zusammen mit Ella Bierdeck hielt er einen zehntägigen Kurs in Brüssel und einen Vortrag in Paris.
Heute, im Jahr 2017, ist das Klapp'sche Kriechverfahren selbst leider stark in Vergessenheit geraten. Aber viele Ansätze leben in heutigen Verfahren weiter (siehe oben). Ich bin der Meinung, dass das "Klapp'sche Kriechverfahren" wieder in Erinnerung gerufen werden sollte, und ich bin nicht der erste, der so denkt. Es ist eine sehr effektive und effiziente Behandlungstechnik. Die aktuelle und umfassende Überarbeitung von Frau Hirsch gehört zum Kanon der Physiotherapie und sollte gewürdigt werden.
Ich möchte diesen kurzen Text mit einem Satz aus dem Werk (Vorwort) von Gertrud Schulz beenden. Diese orthopädische Gymnastiklehrerin, die als Mitarbeiterin von Rudolf Klapp sehr aktiv gewesen war, schrieb, ich vermute ein wenig genervt und frustriert durch die ständigen Anfeindungen von anderen Medizinern und Gymnasten: „Bei einem so stark wissenschaftlich fundierten Verfahren wie dem Kriechsystem, wurde es meiner inzwischen gewonnenen Erfahrung gemäß notwendig, der wissenschaftlichen Grundlage die methodische Darstellung zu opfern. Man tötet sonst die Entwicklungsmöglichkeit des Verfahrens.“
Literatur
1913 Oldevig, J. Ein neues Gerät und neue Übungen der schwedischen Heilgymnastik zur Behandlung von Rückrats-Verkrümmungen. Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH
1917 Lubinus J.H. Lehrbuch der Medicinischen Gymnastik. Verlag von J.F. Bergmann
1921 Münchner medizinischen Wochenschrift, Nr. 47
1923 Schmidt, Ferdinand August. Unser Körper. R. Voigtländer Verlag in Leipzig, Leipzig
1924 Lochmüller, Hanna. Die Klappschen Kriechübungen – Ein methodischer Leitfaden für die Schule. B.G. Teubner, Berlin -Leipzig
1925 Schulz, Gertrud. Das Klappsche Kriechverfahren. Verlag und Druck von B.G. Teubner, Leipzig und Berlin - Leipzig
1927 Meyer, Paul. Unterhaltende Gymnastik und Haltungstunen in Spielformen. Verlag von B. G. Teubner, Berlin
1937 Matthias, Eugen. Lehrbuch der Heilgymnastik. J.F. Lehmanns Verlag, München
1952 Klapp, Bernhard. Das Klapp´sche Kriechverfahren. Georg Thieme Verlag, Stuttgart
2007 Blau, Evelyne. Rudolf Klapp – Marburger Chirurg und Orthopäde im Dritten Reich. Tectum Verlag, Marburg, 2007
2010 Bergerhoff, Tobias. Klappsches Kriechen. Orthopädisches Turnen von gestern im Zeitalter der EBM. pt_Zeitschrfit für Physiotherapeuten_62, 48-52
Kopfschmerz heilender Aal - die Fabel
Bilderbeschreibung: Die drei Bilder (rechts) zeigen typische Frisuren und Kleidungsstile der 70er Jahre sowie das Neuroton 626 von Siemens. Die Firma Siemens verbreitete mit ihren einzigartigen Geräten die Elektrotherapie in Deutschland und weltweit.
Die Elektrotherapie ist eine sehr alte physikalische Anwendungsform in der Physiotherapie. Schon die alten Griechen sollen Zitteraale zu diesem Zweck eingesetzt haben. Die genaue Funktionsweise dieser Methode ist unklar, aber es gibt historische Hinweise darauf, dass sie zur Linderung von Kopfschmerzen eingesetzt wurde. Im 18. Jahrhundert untersuchten die alten Italiener die Reizbarkeit der Muskeln durch Elektroschocks und führten zahlreiche Experimente durch, darunter Galvani und Volta.
Der Franzose Duchenne trug wesentlich zur Weiterentwicklung der Elektrotherapie und ihrer Einführung in die Rehabilitation bei. Zwischen 1850 und 1990 wurde diese Therapiemethode intensiv genutzt.
Die Elektrotherapie ermöglicht die Erzeugung von Impulsen, die Informationen entlang der Nervenbahnen vom Gehirn bis zu den Zehen und zurück übertragen. Außerdem können durch positive oder negative Ströme Medikamente durch die Haut transportiert werden. Dies sind nur einige der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten der Elektrotherapie.
Leider wird die Elektrotherapie in Deutschland von den Krankenkassen nur unzureichend finanziert, was dem Berufsstand der Therapeuten erheblich schadet. Dafür tragen wir Therapeuten auch eine Mitverantwortung.
Das Konzept des Exoskeletts stammt aus der Bionik und geht auf das Jahr 1890 zurück, als der russische Erfinder Nicholas Yagn die erste Konstruktion entwickelte. Ob diese passive und antriebslose Vorrichtung jemals verwendet wurde, ist nicht bekannt.
Die aktive Apparatur (mit Antrieb), wie auf dem Foto von Thomas Egli zu sehen, wird heutzutage als „modern old school“ betrachtet. In Zukunft werden voraussichtlich KI-Anzüge das Skelett und die Neurosteuerung übernehmen.
Wird Physiotherapie künftig aktiv mitgestalten oder von Bionik verdrängt? Die KI braucht noch unsere Ideen und unser Know-how. Ich bin gespannt auf die Zukunft.
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